Sherwood HP-2000, HP-5500

Ich mag die amerikanische Firma Sherwood. Vielleicht, weil sie aus Chicago kommt, eine Stadt, deren Musik und Architektur mir immer schon gefallen hat. Die alten Sherwood-Geräte aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren haben eine Straßenkreuzer-Anmut, die ich ganz wunderbar finde, wenn sich der Fortschrittsglaube und das großspurige Selbstbewusstsein jener Tage irgendwo findet, dann in diesen Verstärker-Fronten. Einen kurzen Abriss der Unternehmens-Geschichte findet sich hier. Ich habe einen Receiver aus den frühen Siebzigern, den S-9910, ganz anders gestaltet, viel näher an den japanischen Receivern jener Tage. Eine Mischung aus Kenwood und Pioneer. Aber auch toll.

Am besten aber: meine HP-200o und HP-5500 Kombination, ein Verstärker und ein Tuner. Von 1977.

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HP steht für High Performance. Es war der Versuch von Sherwood noch einmal den Untergang abzuwenden, die amerikanischen Firmen waren Ende der Siebziger genauso unter Druck wie die Deutschen. Und es half auch nichts, 1980 würde Sherwood an einen koreanischen Konzern verkauft. Als Label gibt es die Firma immer noch, glaube ich.

Es ist ein wunderbare Kombination. Sehr aufwändig gemacht. Aus dem Aluminum, das der Loudness-Knopf benötigt hat, baut man heute einen halben Verstärker.

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Ich habe die beiden Geräte über Ebay-Kleinanzeigen von einem Verkäufer im Ruhrgebiet bekommen. Der wollte sie aber nicht schicken, verständlicherweise, die Dinger sind sehr schwer, alleine der Verstärker wiegt fast 20 Kilo. Also ließ ich sie über die Mitfahrzentrale nach Berlin bringen. Bei der Übergabe fragte mich der Typ, der sie transportiert hatte: Was ist denn eigentlich der Unterschied zu anderen Verstärkern? Wieso lässt Du diese Geräte quer durch die Republik fahren? Gute Frage. Auf der einen Seite. Auf der anderen Seite könnte man mit den Eingangswahlschaltern anfangen. So was habe ich nämlich noch nie gesehen. Es sind Schalter, in denen kleine rote Plättchen anzeigen, ob sie geschaltet sind oder nicht. Super, weil keine Lämpchen kaputt gehen können. Toll aber auch, weil es so schön schnappt, wenn man die Taste drückt.

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Oder das Kunstleder, das anstatt des sonst üblichen Holzfuniers benutzt wurde. Habe ich noch bei keinem anderen Gerät gesehen.

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Die Geräte sind sehr, sehr solide gebaut. Sherwood wollte Accuphase und McIntosh Konkurrenz machen, beides Firmen, denen bis heute der Ruf voraneilt, aus Kompromisslosigkeit gut zu sein. Das wollte Sherwood auch.

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Einiges funktionierte nicht, vor allem am Verstärker. Ich habe sie zu Good-Old-Hifi gegeben und Armin Kahn hat sich ihrer angenommen, hier und hier auf seiner Seite ist auch die Reparatur zu bewundern – und seine klugen Kommentare zu lesen.

Und die Seiten haben dicke Wallnussholz-Furniere.

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Die beiden Geräte sind von 1977. Das Jahr, in dem auch diese Platte erschienen ist.

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Wenn man in den Vintage-Hifi-Foren so herumliest, gibt es dort ja ein deutliches Vorurteil gegen amerikanische Tuner. Taugen nichts, sind für einen anderen Markt entwickelt, in Deutschland ist alles anders, konnten die Amerikaner nichts. Der Gedanke scheint irgendwie zu sein, manche Gegenden in Deutschland vor allem im Westen und Südwesten hätten so dichtgepackte Frequenzspektren gehabt, dass da besonders trennscharfe Empfänger benötigt worden seien. Das mag sein – wobei ich nie so genau weiß, wo im Deutschland der Siebziger die vielen Sender gewesen sein sollen, bevor Privatsender zugelassen wurden. Vor allem im Vergleich mit den USA, wo es immer schon massenhaft Privatsender gab. Aber vielleicht teilte sich das dort ja wirklich anders über UKW und Mittelwelle auf, wer weiß.

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Zum Sherwood HP 5500 kann ich nur sagen: ein irre guter Tuner. Empfang ist bei mir nicht das Problem, ich wohne in der Stadt und habe kein Problem 35 Sender zu empfangen. Was ich interessant finde ist der Klang. Ich habe ihn mit ein paar anderen Tunern verglichen, und der Sherwood hat immer den kühlsten Sound gehabt, sehr linear, keine Betonung der Stimme. Sehr angenehm und zurückhaltend.

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Output Control. Auch diese Funktion ist super: man kann einstellen, wie stark das Signal sein soll, das man an den Verstärker gibt. Damit die verschiedenen Quellen in ungefähr der gleichen Lautstärke ankommen:

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Im Grunde braucht man nichts anderes mehr, wenn man diese Kombination hat. Ich lasse sie seit Monaten laufen und will nichts anderes mehr. Einziges Problem: der Verstärker hat so viel Kraft, das ich manchmal das Mutig drücke, um vernünftig regeln zu können.

Die technischen Daten finden sich hier.

5 Gedanken zu “Sherwood HP-2000, HP-5500

    1. Oh, das freut ich, dass Sie hier schreiben! Ihren Blog lese ich gerne. Vor allem, weil ich selbst technisch so wahnsinnig unbegabt bin und es so toll finde, jemandem wie Ihnen bei der Reparatur von Dingen zuzuschauen. Danke!

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  1. Toll!
    habe selbst einen HP 2000 und den kleinen ein Bruder HP 1000, optisch, technisch und klanglich sehr coole Geräte 😎. Allerdings musste ich das Walnussfunier bei dem großen ersetzten, nicht mehr zu retten gewesen.

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