Denon GR-555

Ich muss eine ganz schöne Nervensäge gewesen sein. Als ich fünfzehn und sechzehn Jahre alt war, ging ich mehrmals pro Woche, immer wenn ich auf dem Nachhauseweg Zeit totzuschlagen hatte, zu Barlage. Das war ein Bremer Hifi-Händler, mit einer Filiale in der Nähe der Sögestraße. Im 1. Stock standen die Hifi-Geräte und auch wenn ich mir keines davon leisten konnte, spazierte ich umher, machte Verstärker und Tape-Decks an und aus, checkte, ob neue Kataloge gekommen waren – und manchmal, wenn niemand da war, machte ich die Anlage an, die in der Mitte des einen Raumes an Boxen angeschlossen war. Keine Ahnung, was die Verkäufer über mich dachten. Vielleicht mochten sie mich sogar, ich hatte ja echtes Interesse. Einmal fragte ich einen von ihnen, was er denn für eine Anlage zu Hause habe. Er sagte: Denon.

Das ist mir in Erinnerung geblieben. Weil es mich damals so überraschte. Mein Auge blieb ja eher bei den spektakulären Geräten hängen: der Braun Atelier-Anlage, die auf einer Säule thronte. Oder den Tape-Decks von Nakamichi, die die Kassette in einem Plastikgehäuse umdrehten. Auch Sony gefiel mir. Und eine Dual-Anlage hätte ich gerne gehabt. Aber Denon war mir nie aufgefallen.

Denon hat eine interessante Geschichte. Die Firma wurde 1910 in Japan gegründet – als Nippon Chikuonki Showkai, die Japan Recorders Corporation. Die ersten Produkte waren einseitig bespielte Platten und ein Grammophon. Den Namen Denon bekam das Unternehmen in den Dreißigern. Sie stellten immer hochwertige Geräte her, viel für den professionellen Nutzer, und sie erfanden auch einige Dinge. Und Denon hatte ein Plattenlabel, das 1951 die ersten LP auf den japanischen Markt brachte. Und ab Anfang der Siebziger begannen sie Hifi-Geräte herzustellen, die anderen japanischen Firmen machten ja vor, wie gut das ging auf dem internationalen Markt.

Denon brachte allerdings erst einmal nicht viele Geräte heraus. Und dieser Receiver ist eines davon.

Der GR-555 war der größte Receiver, den Denon damals produzierte, es gab noch zwei kleinere. 535 und 345. Der 535 sah ähnlich aus, der 345 entspricht eher dem, wie die Geräte anderer Firmen auch aussahen.

Das tat der GR-555 tatsächlich nicht. Auch andere Firmen verbargen die unwichtigen Regler hinter einer kleinen Klappe. Aber niemand wagte es, seinen Receiver so sachlich und minimalistisch aussehen zu lassen (außer Braun in Deutschland). Neben all den anderen japanischen Geräten, die ihre Kraft auch in ihrem Äußeren zeigten, gerade während des Receiver Wars, als Kraft ein Verkaufsargument war, muss der GR-555 damals ziemlich eigenartig ausgesehen haben. Wahrscheinlich ist er deshalb auch ziemlich selten.

Heute wirkt er zeitlos modern und klassisch.

Die einzige Spielerei des Geräts sind die Anzeiger für die Lautstärke. Was aber der Front erst ihre Schönheit gibt: Das Gezappel der Zeiger ist der Kontrapunkt, der die Sachlichkeit des Rests betont und ausstellt. Ohne diese Anzeige wäre die Front langweilig. Eigentlich müsste die Beleuchtung den gleichen Grünton haben, wie die Tuning-Anzeige des Radios. Aber die Birnchen waren kaputt. Sie mussten ausgewechselt werden – und ich fand die Helligkeit gut.

Die Beschriftung hat ein bisschen gelitten mit den Jahren.

Die Klappe wird von kleinen Magneten gehalten, ein sanfter Druck öffnet sie.

Ich habe das Gerät über das old-fidelity-Forum bekommen. Es musste überholt werden, läuft aber wieder super.

Hier die technischen Daten.

3 Gedanken zu “Denon GR-555

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